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Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung.

 
F: Seit wann gibt es das Asylzentrum in Tübingen?
K: Das Asylzentrum besteht jetzt seit 13 Jahren und hat sich damals in der Thiepvalkaserne aus einem Freundeskreis von engagierten Leuten gebildet, die die Flüchtlinge besucht und unterstützt haben.

F: Wie sind Sie zu Ihrer Arbeit im Asylzentrum gekommen?
K: Das hat damit zu tun, warum ich überhaupt in diesem interkulturellen Bereich gelandet bin und auch mit meiner eigenen Geschichte. Ich wurde in Indien geboren und habe dort bis zu meinem sechsten Lebensjahr gewohnt, dann sind wir ins Saarland gezogen und haben dort zweieinhalb Jahre gelebt, danach waren wir für 4 Jahre in Amerika und dann bin ich nach Deutschland gekommen. D.h. ich habe erlebt was für viele Flüchtlingskinder Realität ist, daß ich umgezogen bin und unterschiedliche Kulturen kennengelernt habe und auch die Brüche die damit in Zusammenhang stehen. Insofern ist es mein persönlicher Zugang zum Thema weshalb ich hier arbeite.

F: Was passiert mit jemandem, der als Flüchtling nach Deutschland kommt. Welche Schritte erwarten den?
K: Ich sag jetzt mal wie es in Baden-Württemberg ist. Die Leute kommen in der Regel irgendwie illegal, also ohne Aufenthaltsgenehmigung oder Visum, über die Grenze. Die Landesaufnahmestelle ist in Karlsruhe, dort wird dann formell ein Antrag auf Asyl gestellt. Danach wird nach einem Verteilersystem entschieden ob die Flüchtlinge in Karlsruhe bleiben oder nach Reutlingen, zur Bezirksstelle für Asyl, kommen. Dort wohnen sie dann und es finden erste Interviews statt, bei denen Anhörer vom Bundesamt Fragen dazu stellen, weshalb Asyl beantragt wird. Aufgrund der Dinge die der Asylbewerber in diesen Interviews erzählt, wird über den Antrag entschieden. Nach etwa 6 Wochen bis maximal drei Monaten werden sie weiterverlegt in die zuständige Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises. Bei uns in Tübingen ist das die Unterkunft in der Herrenberger Str.. Außer in speziellen Fällen können die Betroffenen nicht selbst entscheiden, wo sie untergebracht werden.

F: Wieso werden Jugendliche abgeschoben, die schon seit Jahren in Deutschland gelebt haben?
K: Es gibt zum einen Flüchtlinge übers Asylverfahren und zum anderen Bürgerkriegsflüchtlinge. Bei den Bürgerkriegsflüchtlingen ist es so, daß sie in ihr Ursprungsland zurück müssen, wenn sich die Situation dort verbessert hat. Das betrifft hier in Deutschland zur Zeit v.a. Flüchtlinge aus dem Kosovo, die der Minderheit Roma und Aschkali angehören. Das ist eine sehr schwierige Situation, wenn Leute die hier groß geworden sind ins Land der Eltern gehen sollen. Dazu können Ardian und Dritan mehr sagen, denn die sind da Experten.
Dritan: Ich selber bin 1993 mit drei Jahren vom Kosovo hierher gekommen und war vom Kindergarten bis jetzt in der neunten Klasse hier in Deutschland. Dort in Albanien weiß niemand wie ich ausseh und ich kann nicht albanisch lesen oder schreiben, was man hier in Deutschland auch schwer lernen kann. Hier hab ich auch Freunde gefunden. Wir werden hier immer wieder für 3 Monate geduldet und die können uns jederzeit abschieben.

F: Wieso hat der Staat überhaupt ein Interesse daran, Leute abzuschieben die hier integriert sind und die hier teilweise sogar arbeiten und dem Staat und der Gesellschaft nutzen?
K: Daß Integration stattfindet, bevor nach dem Gesetz Asyl gewährt wird, ist bei Flüchtlingen politisch gar nicht gewollt. Für Bürgerkriegsflüchtlinge schreibt das Gesetz vor, daß der Aufenthalt nur vorrübergehend ist. De facto sind die Leute aus unterschiedlichen Gründen für lange Zeit in Deutschland und haben es trotz der schwierigen rechtlichen Lage oft geschafft sich zu integrieren, wie es eigentlich von der Politik gewollt wird. Der gesetzliche Hintergrund ist einfach auch Abschreckung. Ich denke, daß niemand ohne Grund aus seinem Land flieht, deshalb kritisiere ich auch die Politik die zur Zeit stattfindet. Es würde viel mehr Sinn machen Geld nicht in immer mehr Abschottung zu investieren, sondern es lieber für Fluchtursachenbekämpfung auszugeben und auch außenpolitisch Druck zu machen und die Situation in den Herkunftsländern zu verbessern.
 

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